Unglaubliche Farben, meditative Stille, wildes Meer, kilometerlange leere Strände und Bewohner, die sich nicht dem Diktat der Tourismusindustrie beugen wollen …
Barbuda hat uns verzaubert!
Eigentlich wollte ich nur nach „Antigua und Barbuda“ um Barbuda zu besuchen. Nachdem ich in unserem Guide gelesen hatte, dass es auf Barbuda kein privates Land gibt, sondern die ganze Insel gemeinschaftliches Eigentum der Bewohner ist, wollte ich diesen Ort unbedingt erleben. Und wir wurden nicht enttäuscht.
Es geht schon mit der Anreise los: lange ist die Insel garnicht zu sehen und wir fragen uns mal wieder, ob wir uns verfahren haben. Doch dann taucht ein flacher Streifen weißen Sandes am Horizont auf. Barbuda ist total flach, die höchste Erhebung ist 37 m hoch. Auf die Seekarten ist nicht wirklich Verlass, wir müssen uns vorsichtig an die Insel herantasten und das Wasser im Blick haben, da der Untergrund sich immer wieder verändert und wir ja schließlich nicht (nochmal) auf Grund laufen möchten.
Das Wasser ist so türkis wie ich es bisher noch nirgends in der Karibik gesehen habe. Der endlose Strand auf den wir zuhalten ist cremefarben mit einem rosafarbenen Ton an der Wasserlinie. Der Himmel ist grau bewölkt, doch die Sonne scheint. Die Farben schlagen mich total in ihren Bann!
Wir ankern in der Nähe von 3 anderen Booten, da sich das am sichersten anfühlt. Leider haben wir ja keinen Außenborder mehr um zum Strand zu fahren. Das Wasser ist auch zu wild um zu rudern, so bleibt uns nur, das Panorama aus der Ferne zu genießen. Entgegen unserer Erwartung haben wir Handyempfang und so kann ich unsere Verabredung mit einem Guide für den übernächsten Tag klarmachen. Wir wollen eine Tour zu der größten Kolonie von Fregattenvögeln in der Karibik machen. Das ist die größte Attraktion auf Barbuda. Außerdem hoffe ich natürlich, ihn über das Land ausfragen zu können.
Wir genießen einen Tag vor Anker, lassen unsere Seelen baumeln, saugen die magische Atmosphäre der Insel in uns auf.
Am Nachmittag legen wir uns nochmal um, damit uns unser Guide gut abholen kann. Das Wetter ist wild und die See auch und wir sind heilfroh als wir wieder sicher vor Anker liegen.
Am nächsten Morgen sammelt uns George am Boot ein und bringt uns erstmal in den Hauptort (und auch den einzigen Ort auf Barbuda) Codrington. Dort müssen wir eine kleine Gebühr für den Besuch des Nationalparks bezahlen und gehen auch gleich zum Zoll um auszuklarieren, da wir am nächsten Tag ja schon weiter in Richtung Sint Maarten segeln wollen. In unserem Guide steht, dass es Glückssache ist, ob man den Zollbeamten antrifft oder nicht. Wir marschieren munter in Richtung Customsgebäude los. Unterwegs sehen wir freilaufende Pferde und Esel, die gemütlich mitten im Ort grasen. Plötzlich hält ein großes weißes Auto neben uns und der Fahrer fragt, ob wir zum Zoll wollen. Als ich dies bejahe gibt er sich als der Zollbeamte zu erkennen und meint, wir sollten ihm einfach folgen. Das tun wir dann auch und dadurch funktioniert unser Ausklarieren reibungslos.
Danach geht es zurück zu George und seinem Boot und auf in Richtung Fregattenvögel. Die Tour beinhaltet auch einen geschichtlichen Abriss über Barbuda:
Barbuda wurde von der Familie Codrington gepachtet, die eigentlich ein fettes Schaf pro Jahr als Pacht an England zu zahlen hatten. Haben sie aber nie gemacht, die Insel hatten sie trotzdem. Da der Boden nicht für den Zuckeranbau geeignet ist, gab es auf Barbuda nie Plantagen sondern es wurde Gemüse angebaut und Tiere gezüchtet um die Güter der Codringtons auf Antigua zu versorgen. Außerdem kam die Familie zum Jagen nach Barbuda. Dadurch waren die Sklaven auf Barbuda recht eigenständig und fingen anscheinend schon sehr bald an, das Land als ihr Land zu betrachten. Das Land wurde kooperativ verwaltet und bearbeitet und das blieb auch so als die Sklaven befreit wurden. Als die Unabhängigkeit von England kam, vereinigte Barbuda sich eher wiederwillig mit Antigua und hat aber vertraglich verankert, dass das Land kein Privatland ist. 2017 fegte der stärkste Hurrikan (Irma) seit Beginn der Wetteraufzeichnungen genau über Barbuda und beschädigte 95% aller Gebäude. Alle Menschen wurden nach Antigua evakuiert, da die komplette Infrastruktur zerstört war. Aber die Menschen kamen zurück und bauten ihre Häuser wieder auf. Man sieht heute noch Hotelruinen am Strand und zerstörte Häuser in Codrington.
Wir waren fasziniert, wie tiefenentspannt George bezüglich der Hurricans ist. Er meinte bloß: „Man darf halt während eines Hurricans nicht rausgehen. Dann passiert einem schon nichts!“
Insgesamt wurde immer wieder deutlich wie groß der Unterschied zwischen Antigua und Barbuda ist. Antigua ist komplett in der Hand der Tourismusindustrie. Barbuda hat ein paar Hotels aber die Einwohner stehen dem sehr kritisch gegenüber. Die Regierung in Antigua versucht immer wieder, Barbuda mit seinen Traumstränden zu vermarkten und spielt aus Sicht der Barbudaner nicht mit fairen Mitteln sondern versucht letztendlich, sie übers Ohr zu hauen. George meinte, er ist nicht gegen Veränderung und sie passiert auch, aber er möchte nicht von außen gedrängt werden, sondern möchte den Raum haben, damit die Veränderungen von Innen kommen können.
Eines der Hindernisse für die Pläne der Regierung ist das Gemeinschaftseigentum am Land. Denn dadurch kann das Land auch nicht an Investoren verkauft werden. Momentan geht das Ganze so:
Wenn man etwas auf Barbuda bauen möchte, dann wendet man sich an den Barbuda Council. Das ist ein gewähltes Gremium. Dem Council stellt man vor, was man so plant und welches Land man sich dafür ausgeguckt hat. Und wenn die das gut finden, dann kann man das Land pachten. So würde es zumindest für uns als Ausländer laufen. Als Barbudaner sieht das Ganze anders aus. George meinte, er hat sein Haus einfach gebaut. Und auf meine Frage, ob es sich für ihn tatsächlich so anfühlt, als ob die Insel „seine“ Insel ist, meinte er: „Natürlich! Das ist das womit wir aufwachsen.“ Für mich ist es total schwer vorstellbar, was für ein anderes Lebensgefühl das sein muss, wenn man sich wirklich das Land in dem man lebt zu eigen gemacht hat. Und die Insel ist so spärlich besiedelt, dass es keine Knappheit an Land gibt.
Wir sind fasziniert von diesem tief verwurzelten und entspannten Ansatz und immer wieder habe ich den Eindruck, dass George manche Fragen einfach nicht verstehen kann, da ihm das Konzept von privatem Land einfach nicht geläufig ist.
Nach mehreren Stops erreichen wir die eigentliche Attraktion: die Vogelkolonie. Die Vögel sind genauso tiefenentspannt wie George und man kann sehr nah an sie herankommen. Am Himmel fliegt permanent eine Wolke an Vögeln, die Geräuschkulisse ist unwirklich und wir lernen die Jungvögel und Männchen und Weibchen zu erkennen. Es fühlt sich alles an wie in einer anderen Welt.
Im Anschluss fährt George noch mit uns zum Strand und sammelt mit ganz viel Liebe und Genauigkeit rosa Muschelsand für Adam. Er gibt ihn Adam und meint: „Später kann er dann mal den Sand angucken und sich daran erinnern, dass er den von einem alten Mann auf Barbuda bekommen hat!“
Danach geht es zurück zum Schiff. Hier angekommen stellen wir fest, dass es ganz merkwürdigen Schwell von hinten gibt. So kämpfen Wind und Schwell gegeneinander und das Ergebnis ist wirklich ungemütlich. Immer wieder gehen heftige Rucke durchs Schiff und wir sind heilfroh dass unser Anker hält. Irgendwann bemerken wir, dass mal wieder der Spreizer an unserem Wasserstag fehlt. Den hatten wir in der Grand Anse auf Martinique schon mal „verloren“. Das Wasser ist leider zu aufgewühlt, die Sicht zu schlecht um ihn hochzutauchen. Wir hoffen auf den nächsten Tag…
Am nächsten Tag wollen wir so gegen 4 losfahren, um eine Nachtfahrt nach Sint Maarten zu haben. Im Laufe des Tages bereiten wir uns und das Schiff auf die Fahrt vor, d.H. aufräumen, Essen vorkochen usw. Irgendwann geht wieder ein heftiger Ruck durchs Schiff und wir stellen fest, dass einer unserer dicken Holzpoller, die die Ankerleine halten, gebrochen ist. Auch ein weiterer Versuch, unseren Spreizer wiederzufinden scheitert leider an der schlechten Sicht.
So brechen wir letztendlich auf. Barbuda hat es uns nicht leicht gemacht aber wenn wir nicht ohne Außenborder wären, würden wir gerne noch länger bleiben. Wir sind traurig, dass wir diese magische Insel schon wieder verlassen müssen. So fahren wir mit viel neuer Reparaturarbeit aber einer neugefundenen Ruhe und Gelassenheit.
3 Kommentare. Hinterlasse eine Antwort
Wie berührend… eigentlich sollte es überall so sein, dass das Land nicht privatbesitz ist, oder??
Schön geschrieben liebe Becci! Die Atmosphäre der Insel ist richtig spürbar ! Danke !
Bis bald, Mara
Da konntet ihr schöne Eindrücke sammeln. LG Anita … derzeit sagt der Winter nochmals Hallo, sollte aber bald vorbei sein. Die Bäume blühen bereits teilweise und trotzen der winterlichen Luft 🙂